Oder sind wir zu bequem? Als Hinweis vorab: Ich verstehe, dass Mastodon bzw. das Konzept von föderierten Sozialen Netzwerken nicht das niederschwelligste und einfachste Thema der letzten Jahre ist. Aber vielleicht muss ja auch nicht alles immer „super easy“ und mit zwei Klicks erreichbar sein. In dem kommenden Zeilen werde ich ausschweifen, hoffentlich aber auch wieder die Kurve kriegen.
Im „Alles gesagt“-Podcast der Zeit, in dem Marina Weisband zu Gast war, ging es auch um das innovative Beteiligungskonzept aula. Dessen Ziel ist es, Jugendlichen aktive Mitbestimmung im Alltag zu ermöglichen. Sinngemäß sagte Marina Weißband in dem Gespräch, dass zum Lernprozess der Jugendlichen auch gehöre zu erfahren, dass das Gestalten von Lebensräumen bzw. Entscheidungsfindung auch anstrengend sein können. Ähnliche innere Konflikte sehe ich aktuell auch im Kontext mit Mastodon, bzw. dem Fediverse & Co. Mastodon ist zu nerdig, der Einstieg zu komplex, ich muss mich ja für eine Instanz entscheiden und was tue ich wenn diese einfach verschwindet.
Mitdenken und spenden
2008 habe ich mich auf Twitter angemeldet. Weil mir jemand sagte, es sei spannend. Darauf habe ich vertraut. Kurznachrichten wurden per SMS verschickt, Direktnachrichten landeten aufgrund von kuriosen Kürzeln öfter in der öffentlichen Timeline, als gewünscht. Das Wort Mikroblogging musste erst noch erfunden bzw. gefestigt werden. Mittlerweile gibt es kaum noch eine Dienstleistung (Streaming, Shopping, Datenaustausch etc.) die ohne Accounts, Logins & Co. auskommt. E-Mail-Adressen sind schneller hinterlegt, als wir durchschaut haben welche Ziele die Firma verfolgt, Adressbücher schneller hochgeladen als man Freundschaften flicken kann, die durch ungefragte Weitergabe von Daten eigentlich in Frage gestellt werden müssten. Nun kommt also eine nicht neue (!) Idee eines dezentralen sozialen Netzwerkes daher, für das man aktiv etwas tun muss. Und zwar im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. Man muss keinen Server aufsetzen. Kann aber evtl. diejenigen unterstützen, die sich um die technischen Details kümmern. Mindestens ein paar Sekunden sollte eins nachdenken, welche Instanz für den ersten Accounts (Umzüge und alles sind möglich) in Frage kommt. Wir müssen uns also beteiligen. Prompt fühlen wir uns überladen, sind genervt und finden alles zu nerdig.
Shuffle Play für Social Media?
Ich übertreibe bewusst und will keineswegs unkritisch mit Mastodon bzw. dem Fediverse umgehen. Denn dann beteilige ich mich nicht, sondern konsumiere. Wenn ich mich aber aktiv am Internet beteiligen möchte, mitgestalten möchte (und wie wir wissen gäb es ohne diese Selbstbeteiligung kein Web, wie wir es kennen, bin ich evtl. bei konfektionierten Lösungen nach wie vor gut aufgehoben. Die gibt es ja noch und nöcher. Und evtl. ist dann auch der „Shuffle Play“-Button bei Video-Streaming-Plattformen das richtige. Ansonsten hilft learning by doing und schon ergeben sich tolle neue Kontakte, die ich schon nach wenigen Wochen nicht missen möchte.
tl;dr
Beteiligung an Innovation, wie z.B. der Weiterentwicklung von dezentralen sozialen Netzwerken wie Mastodon, ist Arbeit, kann aber auch Freude machen. Vielleicht möchten wir nicht Teil einer Jugendbewegung sein, doch bevor ich mich durch das Web 3.0 an die Blockchain ketten lasse, nehme ich lieber ein bisschen holprige, nerdige Internetkultur mit und versuche Menschen die Interesse haben beim Einstieg ins Fediverse zu begleiten. Denn wir lernen alle noch. Gemeinsam.